Informationen für Angehörige und Verbündete von Betroffenen

Die Reaktionen von Angehörigen oder auch möglichen Verbündeten lassen sich in zwei Kategorien einteilen.

Die erste Kategorie:
Wegsehen/Ignoranz – dies ist, so unfassbar es auch klingen mag, eine sehr häufige Reaktion von Angehörigen. Es spielt dabei keine wesentliche Rolle, ob es sich um die Mutter handelt die ignoriert, dass ihr Kind vom eigenen Vater/Ehemann oder Partner sexuell missbraucht wird. Solche Mütter wissen direkt oder indirekt über den Missbrauch Bescheid – und ignorieren ihn. Auf Hinweise des Kindes beschimpfen sie dieses nicht selten als "Schlampe" oder "Hure", die es ja auch so will - oder "selbst die Schuld" daran trägt.

Ähnlich reagieren auch häufig Familienangehörige – diese ignorieren ebenfalls, wollen "damit nichts zu tun haben" oder "sich lieber nicht einmischen", außerdem "kann das doch nicht wirklich so sein". Hier wird es wahrscheinlich von Seiten der Angehörigen keine Fragen geben, sie werden auch kaum nach Antworten oder Hilfe suchen, denn so traurig es auch klingt - wozu auch?

(Ein betroffenes Kind wird sich im Laufe der Zeit an etwa 7 Personen wenden müssen, bis ihm geglaubt wird und es Hilfe erfährt) 

Die zweite Kategorie:
Verzweiflung, das Gefühl von Hilflosigkeit, Zweifel an der eigenen Wahrnehmung, das Gefühl "unser aller Leben ist zerstört – Scherbenhaufen", Gefühlschaos. All diese Gefühle die mit dem Wissen "meinem Kind ist das passiert" oder auch "in meiner Familie ist das passiert" über Angehörige im wahrsten Sinne des Wortes "hereinbrechen", kann kein Mensch auch nur annähernd nachvollziehen der nicht eben eine solche Situation erleben musste.

Folgende Antworten sind allgemein gehaltene Vorschläge, je nach den gegebenen Umständen muss nicht jeder Rat auch der richtige sein. Die Täter/innen sind so unterschiedlich wie die Menschheit selbst es ist, die familiären Umstände ebenso. Hier zeigen wir Möglichkeiten auf – was unternommen/ getan werden könnte – was in jedem Fall vermieden werden sollte!

Mein(e) Mann/Frau hat mein Kind sexuell missbraucht

  • Glauben Sie ihrem Kind und lassen Sie dieses auf keinen Fall mehr mit dem Täter/der Täterin alleine!
  • Bleiben Sie ruhig! (Sie sollten alle Panik, Unruhe und entsetzte Reaktion vermeiden, weil es dazu führen könnte, dass Ihr Kind nur noch vorsortiert was erzählt werden kann ohne Sie zu belasten oder es möglicherweise sogar wieder schweigt).
  • Lassen Sie Ihr Kind erzählen was ihm passiert ist, aber Sie sollten Ihr Kind nicht "ausfragen".
  • Keine unüberlegte Konfrontation mit dem Täter/der Täterin
  • Vermeiden Sie Schuldzuweisungen, auch wenn ihr Kind behauptet selbst Schuld zu sein.
  • Vermitteln Sie ihrem Kind, dass es keine Schuld an dem hat, was passiert ist und dass der Täter/die Täterin das nicht hätte tun dürfen.
  • Sagen Sie ihrem Kind, dass es gut ist und mutig und richtig sich anvertraut zu haben.
  • Weihen Sie wenn möglich eine Vertrauensperson ein, der Sie sich anvertrauen können und durch die Sie Unterstützung und Hilfe bekommen. Auch Sie brauchen jemandem, dem Sie sich anvertrauen und mit dem Sie reden können.
  • Können Sie mit Ihrem Kind ggf. bei Verwandten, Eltern oder Freunden unterkommen? Bei akutem Bedarf ggf. ein Frauenhaus in Betracht ziehen.
  • Wenden Sie sich ggf. an eine Beratungsstelle/Anlaufstelle in Ihrer Region
  • Schalten Sie das Jugendamt ein.
  • Gehen Sie ggf. zur Polizei. Dieser Schritt sollte jedoch gut überlegt sein. Die Polizei ist verpflichtet die Staatsanwaltschaft zu informieren – auch im Falle, dass die Anzeige wieder zurück genommen werden sollte, wird die Staatsanwaltschaft ermitteln. Nicht immer ist eine sofortige Anzeige der richtige Weg – dem Kind ist nicht geholfen, wenn hier überstürzt gehandelt wird, da es re-traumatisiert werden könnte.
  • Ggf. eine ärztliche Untersuchung in Betracht ziehen (Beweissicherung)
  • Was auch immer Sie unternehmen – sprechen Sie alles mit dem Kind ab, nichts darf über dessen Kopf hinweg entschieden werden.
  • Sorgen Sie dafür, dass ihr Kind so frühzeitig wie möglich eine Therapie bekommt, auch Sie selbst sollten sich in Therapie begeben (ggf. auch Geschwisterkinder einbeziehen).

Gerade Familienangehörige (Verwandte), bei denen betroffene Angehörige Halt und Hilfe finden sollten, ziehen sich oftmals zurück. Sie möchten nichts falsch machen, sind unsicher – wie mit alldem umgehen, wollen sich einfach "lieber raus halten". Doch oftmals wird gerade deren Unterstützung und Hilfe benötigt. Lassen Sie ihre Angehörigen nicht alleine!

  • Glauben Sie dem Kind und dessen Mutter/Vater (Verbündeten) und zeigen Sie, dass Sie als Gesprächspartner einfach da sind. Meist hilft es schon enorm, wenn man jemanden hat der einfach nur zuhört.
  • Seien Sie vorsichtig mit Äußerungen "Das ist ja ein Schwein!, "Wie konnte er/sie nur!", "Meine Güte, ist das schlimm!". Halten Sie sich zurück.
  • Ggf. können Sie zu Terminen begleiten oder auch ihre Hilfe in Form von Betreuung des betroffenen Kindes anbieten, wenn Mutter/Vater (Verbündete) Termine wahrnehmen
  • Drängen Sie sich jedoch nicht auf, sondern bieten Sie vorsichtig ihre Hilfe an

Nicht selten haben Verwandte/Familienangehörige einen "Verdacht", eine "Ahnung", das in ihrem Umkreis "etwas nicht stimmt" – oder Gedanken wie "Ich glaube, könnte annehmen, dass…".

Auf unserer Seite "Im Verdachtsfall" finden Sie Informationen, was hier zu beachten ist und welche Handlungsmöglichkeiten Ihnen zur Verfügung stehen.


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