Ursachen

Elterliche Sorge

Häufig findet man bei Borderline-Persönlichkeiten entweder ein Übermaß an elterlicher Sorge, ein zu wenig an elterlicher Sorge oder auch eine instabile elterliche Sorge (einen Tag Übermaß, am nächsten Tag zu wenig an elterlicher Sorge, am übernächsten Tag gar keine elterliche Sorge). Bei einem Übermaß an elterlicher Sorge (überwiegend durch die Mutter) wird bei dem Kind die Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit stark eingeschränkt. Das Kind erlebt bei jedem Versuch selbstständig zu werden eine starke emotionale Reaktion der Mutter (Verstärkung der Kontrolle des Kindes). Dies führt dazu dass das Kind jeden weiteren Versuch unterbindet und dadurch in einen inneren Konflikt gerät den es allein nicht lösen kann. Auch ein "emotionales Verhungern-lassen" des Kindes führt zu einer für das Kind unlösbaren Konfliktsituation. Wird auf die emotionalen Bedürfnisse des Kindes nicht eingegangen äußert es diese nicht mehr, kann diese nicht klar differenzieren und ignoriert sie irgendwann um nicht ständig dem Konflikt ausgesetzt zu sein.

Im späteren Leben kann sich das dergestalt äußern, dass Borderliner nicht in der Lage sind Nähe auszuhalten, ihnen die Distanz zu anderen Menschen aber auch nicht gefällt (Ich-hasse-dich - verlass-mich-nicht), sie haben Probleme ihre Gefühle zu äußern und positive Gefühle zuzulassen. Aggressionen richten sie häufig gegen sich selbst, da sie nicht gelernt haben dass z. B. die Mutter ihr Kind liebt auch wenn sie mit ihm schimpft (böse Worte oder böses Verhalten führen nicht zur totalen Ablehnung sondern können im Zusammenhang mit positiven Gefühlen ausgedrückt werden). Es ist ihnen nicht möglich differenziert zu empfinden, für sie gibt es entweder "nur böse" oder "nur gut". Beides zusammen in einem ausgewogenen Verhältnis ist für einen Borderliner nicht nachvollziehbar.

Bedürfnisbefriedigung

Bei Borderline-Persönlichkeiten gibt es als Folge der Missachtung der Bedürfnisse ein temperamentvolles Ausleben der Bedürfnisbefriedigung. Darunter versteht man dass es Borderlinern selten möglich ist abzuwarten oder sich in Geduld zu üben. Wenn ein Borderliner etwas möchte muss dies möglichst sofort erfolgen. Er empfindet jede Art von Wartezeit als komplette Ablehnung seiner Person/seiner Bedürfnisse. Eine Differenzierung ist ihm dabei nicht möglich. Besonders schwierig ist dies auch bei Entscheidungen, die er von jemand anderem verlangt. Hat ein Borderliner eine Frage (meist zu einem unpassenden Zeitpunkt), erwartet er eine sofortige Antwort. Ist sein Gegenüber z. B. müde, krank, o.ä., sieht er dies nicht, er nimmt es nicht wahr; er erwartet lediglich eine sofortige Antwort. Sagt man ihm dann dass man Zeit braucht um eine Antwort zu finden, kommt dies auch wieder als totale Ablehnung seiner Person beim Borderliner an.

Grenzen - eigene und Grenzen von Anderen

Dadurch dass bei einem Borderliner meist sehr früh Grenzüberschreitungen durch andere Personen stattgefunden haben (Machtausübung durch Andere, sexueller Missbrauch, Ignoranz der individuellen Grenzen des Borderliners), ist es für einen Borderliner nicht sichtbar wo es Grenzen gibt und was passiert wenn er an eine Grenze kommt. Ein Borderliner reagiert sehr heftig wenn man ihm mal seine Grenzen aufzeigt oder ihn darauf hinweist, dass er Grenzen überschritten hat. Innerhalb einer Familie kann sich das so äußern dass bei kurzfristiger Veränderung der Verantwortlichkeiten der Borderliner nicht damit klar kommt, wenn er die Verantwortung, die man ihm kurzfristig mal übertragen hatte, wieder abgeben soll. Daraus schließt er sofort, dass er es nicht gut gemacht hat, man ihm nicht vertraut, ihm nichts zutraut und ihn - daraus resultierend - komplett in seiner ganzen Person ablehnt. Eine Borderline-Persönlichkeit hat keinen Blick für eigene und fremde Grenzen. Bei Überschreitung einer fremden Grenze fällt er sprichwörtlich "aus allen Wolken" wenn sein Gegenüber dementsprechend reagiert. Auch wenn er eigene Grenzen überschreitet merkt er es nicht.

Wahrnehmungsstörungen

Bei vielen Borderlinern finden sich Wahrnehmungsstörungen. Diese beziehen sich auf die eigene Person, auf andere Personen und auf die Realität. Dies bedeutet zum einen dass sie sich selbst völlig anders wahrnehmen als andere, dass sie andere Personen nicht so wahrnehmen wie diese sind und Situationen nicht so sehen/erleben wie andere. Bedingt dadurch kommt es häufig zu Problemen. Ein Borderliner kann z. B. einen Gesprächsablauf völlig anders wiedergeben als dieser tatsächlich war. Der Versuch den Borderliner vom Gegenteil zu überzeugen schlägt meist fehl, da dieser seine eigene Realität hat und nicht dazu in der Lage ist, die tatsächlichen Gegebenheiten zu erkennen. Durch seine eigene fehlgeleitete Einschätzung kommt es häufig zu Überschätzungen seiner eigenen Person und auch zur Über-, bzw. Fehleinschätzung von anderen.

Für Borderliner ist ein grosser Teil des Lebens eine unbarmherzige emotionale Achterbahnfahrt ohne offensichtliches Ziel. Sie werden zu unkontrollierten Zornesausbrüchen gegenüber den Menschen, die sie am meisten lieben, provoziert. Sie haben keine Hoffnung, fühlen sich leer und verschwenden ihre Identität. Stimmungsschwankungen treten schnell auf, sie treiben den Betroffenen von höchsten Glücksgefühlen in tiefste Depressionen. In einer Stunde von Zorn erfüllt, in der nächsten von Ruhe, hat der Kranke meist keine Ahnung, warum er zu solchem Zorn getrieben wurde. Die Unfähigkeit die Ursachen zu erkennen, führt anschließend zu noch grösserem Selbsthass und weiteren Depressionen.

Welches Schicksal haben die betroffenen Menschen?

Die Borderline-Störung ist hauptsächlich eine Erkrankung des Jugendlichen und jungen Erwachsenen und bleibt bei entsprechender Behandlung nur selten bis ins hohe Alter bestehen. Die Gefährdung und die Einschränkung der Lebensqualität ist jedoch lange Jahre enorm. Vielen gelingt die Gründung einer eigenen Familie und eine angemessene berufliche Entwicklung nicht.

Etwa 10 Prozent der Betroffenen sterben an den Folgen der Erkrankung.


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